Pressemitteilung: 7. September 2020

ClientEarth-Juristin mit Kritik am Kohlevertrag als Sachverständige im Bundestag

Der hoch umstrittene Vertrag mit den Kohlekraftwerksbetreibern steht heute in der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestages zur Debatte – wo auch Ida Westphal, Rechtsexpertin von ClientEarth, als Sachverständige auftritt.

Der öffentlich-rechtliche Vertrag mit den Braunkohlebetreibern ist das Ergebnis davon, dass die Bundesregierung über Monate hinter verschlossenen Türen Verhandlungen mit den deutschen Braunkohlebetreibern geführt und zivilgesellschaftliche Akteure außen vorgelassen hat. In den vertraglichen Bestimmungen spielen klima- und umweltpolitische Belange gegenüber den Interessen von Braunkohleunternehmen eine untergeordnete Rolle. So zementiert der Vertrag einen Ausstiegspfad, der sich klimapolitisch nicht rechtfertigen lässt, und schafft zu Lasten der Umwelt und des Klimas eine unabsehbare Rechtsunsicherheit.“ kritisiert Westphal. Mit Unterzeichnung der Verträge wären die Hände von Gesetzgeber und Regierung in Zukunft stark gebunden – die Bundesregierung mache sich letztlich bei künftigen Entscheidungen zum Klimaschutz erpressbar.

Deutlich wird in der Stellungnahme von ClientEarth, dass der Vertrag nicht im Einklang mit dem kürzlich verabschiedeten Kohlegesetz steht und dem umweltrechtlichen Verursacherprinzip widerspricht: So sieht der Vertrag vor, dass die Entschädigungen für Tagebaufolgekosten verwendet werden können – die aber ohnehin von den Betreibern getragen werden müssten, wie ein von ClientEarth in Auftrag gegebenes Gutachten erneut zeigt.

Westphal bemängelt ferner die Intransparenz der Entschädigungssummen: „Das Mindeste wäre, dass das Verhandlungsergebnis gerade bei derart hohen Entschädigungssummen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar gemacht wird. Doch nach wie vor liegt uns keine Formel vor, sodass eine kritische Prüfung der Angemessenheit der Entschädigungen deutlich erschwert ist.“ Die Vermutung liegt nahe, dass diese deutlich überhöht sind, wie eine Studie des Öko-Instituts zeigt.

Schließlich ist fraglich, ob die im Vertrag und Kohlegesetz vorgesehenen Regelungen mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar sind.

Hintergrund:

Die Jurist*innen von ClientEarth haben ihre begründeten Zweifel in mehreren Eingaben an die Europäische Kommission getragen:

  • Rechtsgutachten: Kein Geld für alte Braunkohlekraftwerke
  • Entschädigungen für die LEAG im Zug des Kohleausstiegs
  • Überhöhte Entschädigungen für Braunkohlebetreiber und Verstoß gegen das Verursacherprinzip durch
  • Übernahme der Tagebaufolgekosten

Über ClientEarth – Anwälte der Erde

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